Aus dem Achimer Kreisblatt vom 4. Oktober 2003:

Spargel kam vor 100 Jahren nach Uesen
Grosse Plantagen auf dem Osterfeld / Bekannt und begehrt in ganz Norddeutschland
Von Günter Fehsenfeld

UESEN . Spaziert man heute die Straßen "Am Osterfeld" oder "Am Westerfeld" in Uesen entlang, kann man es sich nicht vorstellen, dass hier vor einhundert Jahren große Spargelplantagen angelegt waren.
Im Jahre 1903 pachtete Hugo Volger die bisher fast nutzlosen Dünensandflächen der Ueser Bauern "Am Osterfeld" und "Am Westerfeld".
Hugo Volger kam von der Domäne "Schäferhof" aus der Nienburger Gegend. Dort war die Spargelpflanze längst bekannt, und wurde dort erfolgreich angebaut.
Hugo Volger legte auf seinen frisch gepachteten Flächen sofort Spargelplantagen an, und der nutzlose Dünensand erwies seine Brauchbarkeit.
Schon bald war der Ueser Spargel in der näheren und auch etwas weiteren Umgebung bekannt. Ein Pfund Spargel kostete damals 35 Pfennig.
Hugo Volger baute sich in Uesen sein Wohnhaus (heute Schifferstraße 30) und gleich daneben zum Ueser Mühlenweg hin einen großen Spargelschuppen.
In diesem Spargelschuppen wurde der Spargel gewaschen, nach Güteklassen sortiert und zum Verkauf angeboten.
Die größeren Abnehmer in Achim oder Baden wurden mit einem Pferdefuhrwerk beliefert. Der Spargel wurde auch, in großen Kisten verpackt, per Pferdewagen zum Bahnhof transportiert und
dann in Bremen auf dem Markt verkauft.

Uesener Spargelfelder vor der Achimer Windmühle

Spargelfelder in Uesen, wo heute Wohngebiete sind. Im Hintergrund die Achimer Windmühle. Photo von Anna Otten-Asendorf.

Hugo Volger scheint in Uesen sehr gut angesehen worden sein, denn schon im Jahre 1912 wählte man ihn zum Gemeindevorsteher (Bürgermeister). Mit 35 Jahren war Hugo Volger der jüngste Bürgermeister in der Geschichte der Gemeinde Uesen.
Als dann im Jahre 1914 der Erste Weltkrieg ausbrach, wurde Hugo Volger als einer der Ersten eingezogen. Er kam erst 1918 verwundet aus dem Krieg zurück. Die Gemeinde setzte ihn sofort wieder als Bürgermeister ein.
Er versuchte auch, seine Spargelplantagen wieder in Betrieb zu nehmen, doch schon im Jahre 1919 verließ Hugo Volger Uesen aus gesundheitlichen Gründen.
Zu seinem Nachfolger als Gemeindevorsteher wurde der Gastwirt Friedrich Wendt (Grüner Jäger) gewählt.
Die Spargelplantagen wurden von Karl Damms (dem späteren "Spargel-Dragoner") weiter geführt. Karl Damms kam ebenfalls von der Domäne "Schäferhof", und er hatte Auslandserfahrung in der Führung von Plantagen. Karl Damms brachte den Ueser Spargel zu großem Ansehen, bald war
in ganz Norddeutschland der Ueser Spargel bekannt.
Karl Damms führte ein sehr hartes Regiment in seinen Plantagen, er schonte sich selber aber auch nicht und war von morgens bis abends in seinen Spargelfeldern anzutreffen, daher kommt auch der Name "Spargel-Dragoner".
Die Arbeit auf dem Spargelfeld war eine sehr harte Arbeit. Morgens um fünf Uhr ging es los und hinsetzten bei der Arbeit war nicht erlaubt. In gebückter Haltung ging es durch die Reihen bis ein Feld abgeerntet war.
Trotzdem hat manche Hausfrau aus Uesen die Arbeit gerne gemacht und sich hier ein paar Mark zu ihrem kargen Haushaltsgeld dazu verdient. Eine andere Möglichkeit, in Uesen Geld zu
verdienen, gab es nicht. Die Spargelstecherinnen bekamen 30 Pfennig die Stunde (meine Mutter gehörte auch dazu).
Der gestochene Spargel wurde dann vom Knecht Hermann Döhling mit dem Pferdewagen zum Spargelschuppen gefahren.
Als dann in den Fünfziger und Sechziger Jahren der, Bauboom in der BRD ausbrach, war es um den Ueser Spargel geschehen. Schon bald waren die ehemaligen Plantagen bebaut und heute
ist nichts mehr von der einstigen Spargelplantage zu sehen. Spargel in Uesen gibt es heute nicht mehr. Als Eingeborener freue ich mich heute über die vielen schönen Gärten und Häuser, die vielen Bäume und Sträucher, die die Eigentümer sich in ihren Gärten gepflanzt haben.
Denk' ich an meine Kindheit, und gerade jetzt im Herbst, dann war in Uesen Sandsturm von den Spargelfeldern. Wenn wir zur Schule gingen hielten wir eine Hand vor dem Mund, sonst hatte man den Mund voll Sand. In den Häusern legten die Frauen Handtücher vor die Fensterritzen, denn sonst hatten sie den Sand im Kochtopf.

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