Gedenken an der IGS Achim
Gegen das Vergessen: IGS Achim erinnert an das Schicksal von Liesel Anspacher

Schüler und Lehrer der IGS Achim erinnern zusammen mit Gästen an das Schicksal von Liesel Anspacher, die am Sonntag 100 Jahre alt geworden wäre.
Achim – Erinnern, aufklären und laut sein, damit Geschichte sich nicht wiederholt: Diese Haltung zog sich als roter Faden durch die Gedenkveranstaltung an Liesel Anspacher an der Integrierten Gesamtschule Achim. 100 Jahre alt wäre sie am 7. April geworden. Doch als sie gerade 17 Jahre alt war, verlor sich ihre Spur im Ghetto in Minsk. Dorthin wurde sie am 17. November 1941 mit ihrer Familie deportiert und vermutlich ermordet.
„Die Sonne scheint heute für Liesel“, sagte IGS-Schulleiterin Kerstin Albes-Bielenberg. Sie stand neben dem Findling, der seit 2022 an die ehemalige Achimer Schülerin vor dem Schulgebäude erinnert. Rund sechs Millionen jüdische Menschen sind während des Holocausts ermordet worden.
Die Sonne scheint heute für Liesel.
„Wir beobachten auch heute die Versuche, die Verbrechen der Nationalsozialisten zu relativieren.“ Rechte Parteien im Ausland erhielten immer mehr Zulauf, und auch in Deutschland liege der Wähleranteil bei mehr als 20 Prozent in Brandenburg, Thüringen und Sachsen. „All das ist höchst alarmierend, wir müssen unsere Demokratie schützen.“
Das gelingt nur, in dem Schicksale wie die der Familie Anspacher nicht in Vergessenheit geraten, finden die Schüler und Schülerinnen, die sich während Projekttagen mit dem Nationalsozialismus und der Biografie von Liesel Anspacher auseinandergesetzt haben. Ihre Ergebnisse haben sie beispielhaft während der Gedenkveranstaltung, modertiert von Hendrik Hoffmeister, Fachbereichsleiter Gesellschaftswissenschaft, in der Aula der IGS gezeigt. Außerdem hat der elfte Jahrgang die Gruppen dessiebten und achten Jahrgangs bei der Erstellung von Lernvideos zum Schicksal der Familie Anspacher unterstützt. Für dieses Engagement bedankte sich Achims Bürgermeister Rainer Ditzfeld bei den Jugendlichen.

In einem Hörspiel hat sich der Förderkurs „Radio“, betreut von Lehrerin Heike Jeske und Wolfgang Mindermann, mit ihrem kurzen Leben und dem der Achimer Juden und Jüdinnen befasst. In Videos beschäftigten sich die Jahrgänge fünf und sechs damit, wie es sich anfühlt, ausgegrenzt zu werden – von Lehrkräften, Eltern und Mitschülern. Liesel durfte ab dem 12. November 1938 nicht mehr zur Schule gehen, das Dokument, in dem die Lehrerin ihren Namen aus dem Klassenbuch herausgestrichen hat, existiert bis heute. Sie sei wegen ihres Glaubens ausgeschlossen und getötet worden, erklären die Schüler.
Wie radikal die Stadt Achim während der Herrschaft der Nationalsozialisten war, erklärten Anastasia aus der neunten Klasse und Lilly aus der zehnten Klasse. Unterstützt wurden sie und die anderen Schülerinnen und Schüler der beiden Jahrgänge bei der Recherche von Lehrer Maximilian Arens und Manfred Brodt, Vorsitzender der Geschichtswerkstatt Achim. „Die Partei baute schnell eine starke Präsenz in der Stadt auf“, erklärten sie und zeigten, wie tief verwurzelt der Judenhass war. „Zu damaligen Zeiten war Achim sehr offen für die nationalsozialistische Ideologie“, betonten sie, denn kurz nach Kriegsende habe die Stadt erfolgreich ihre Beteiligung vergessen. „Wir müssen uns der Vergangenheit bewusst sein, um sicherzustellen, dass sich diese Ereignisse nicht wiederholen.“ Die Erinnerung wird die Schule weiterhin jedes Jahr mit einem Gedenktag wach halten. Das entstandene Material werde gesichert, um, wie Albes-Bielenberg schloss, „weiter an diese schöne Familie mit dem schrecklichen Ende zu erinnern“.