Hintergrund: Biografie von Curt Parker

Von Ralph Spill

Curt Parker wurde am 1. Mai 1925 als Sohn von Emma und Albert Anspacher geboren und verbrachte seine Kindheit in der Obernstraße 45. Schon im Jahr 1935 wurden dem jungen Kurt die Anfeindungen gegen seinen Glauben bewusst. Auf seiner Bar-Mitzwa-Feier wurden die Scheiben der Synagoge von Nationalsozialisten mit Steinen eingeworfen. In der Pogromnacht verhaftete die Polizei Kurt. Im Gegensatz zu den erwachsenen Juden aus Achim wurde der 13-Jährige jedoch nicht in das KZ Sachsenhausen gebracht und konnte bald nach Hause zurückkehren. Allerdings wurde ihm verboten, weiter die Volksschule in Achim zu besuchen. Sein Vater wurde im Dezember 1938 aus dem KZ Sachsenhausen entlassen

Nach dem fehlgeschlagenen Versuch seiner Familie, auszuwandern, wurden Kurt und seine Eltern im November 1941 nach Minsk deportiert. „Uns wurde gesagt, wir würden umgesiedelt werden, nach Russland, um das Land aufzubauen“, sagt Anspacher in einem Interview. Im Ghetto wurde Kurt Anspacher mit gerade einmal 16 Jahren mit furchtbaren Dingen konfrontiert. So wurde er etwa schon bald gezwungen, neben den Leichen verstorbener Juden zu schlafen. Der Cousin von Kurt Günther Anspacher floh, wie Anspacher später berichtete, „mit einem russischen Mädchen zu den Partisanen“. Zur Strafe brachte die SS alle Familienmitglieder, auch Kurt, auf den Appellplatz, um sie dort zu erschießen. Kurt Anspacher entging der Erschießung, indem er sich unter eine Arbeitskolonne mischte, die gerade am Appellplatz vorbeizog. Seine Eltern Emma und Albert Anspacher hingegen wurden ermordet.

Als Waise durchlief Kurt Anspacher anschließend verschiedene Lager: Budzyn, Treblinka, Mielec, Flossenbürg, Kamenz, Mauthausen und Dachau. Dort wurde Kurt Anspacher am 29. April 1945 von amerikanischen Soldaten befreit. Er wog zu diesem Zeitpunkt noch 33 Kilogramm. Die Amerikaner wiesen ihn in ein Krankenhaus ein, dass er jedoch nach einigen Wochen verließ, weil er fürchtete, von den deutschen Ärzten getötet zu werden. Nun kehrte er nach Achim zurück. Dort erwartete ihn allerdings eine Enttäuschung. Das Elternhaus war, wie er später berichtete, „voller Deutscher“. Bei einem Arztbesuch wurden bei ihm Tuberkulose (TBC) und Typhus diagnostiziert. Da er entgegen der Anweisung des Arztes nicht nach Goslar in ein Krankenhaus ging, wurde er von Bremen aus in ein TBC-Sanatorium nach Davos in der Schweiz eingewiesen.

Vorher hatte er laut eines Protokollauszugs des Gemeindeausschusses vom 3. April 1946 die Stadt Achim um die Rückgabe des Elternhauses in der Langenstraße 90 gebeten. Aufgrund seines Sanatorium-Aufenthalts wurde der Antrag jedoch zurückgestellt. Ob er jemals bearbeitet wurde, geht aus den Archivunterlagen nicht hervor. Im Jahr 1948 wanderte Kurt Anspacher in den USA aus und nahm dort den Namen Curt Parker an. In Chicago lernte er seine spätere Ehefrau Eleanor Shaevsky kennen. Die beiden heiraten im Jahr 1973.

Die Stadt Achim hatte gelegentlich Kontakt mit dem Zeitzeugen und es wurden Interviews für die Archive angefertigt. Auch im Rahmen des sogenannten Spielberg-Projektes entstand ein Videointerview mit ihm. Der einzige Achimer Jude, der den Holocaust überlebt hatte, starb im Jahr 2011. Er ist auf dem Weinstein Friedhof in der Nähe seiner neuen Heimat Chicago begraben worden. Doch seine Erinnerungen sind lebendig. Sie wurden festgehalten auf einem Film der Schoah Foundation, einem Interview-Projekt des Regisseurs Steven Spielberg, in dem Überlebende des Holocaust befragt werden. Etwa 52.000 Personen aus 56 Ländern haben ihre Erlebnisse erzählt. Curt Parker aus Achim war einer von ihnen.