Sie lebten unter uns
Sie lebten unter uns:
Margarete (1888–1942) und Paul Alexander (1884–1942)
Die Familie Alexander lebt seit 1746 als älteste jüdische Familie in Achim. Paul Alexander führt den Die Mühlenbetrieb und den Getreide- und Futterhandel seiner Familie weiter. Sie haben zwei Kinder: Peter(1914-1942) und Lotte (1924-1942). Die Kinder besuchen die Volksschule am Markt. Im Mai 1937 verkauft Paul Alexander seine Anbauerstelle und zieht mit der Familie nach Bremen.
Die Familie wird 1941 ins Ghetto Minsk verschleppt und dort ermordet.
Emma (1906–1942) und Albert Anspacher (1887–1942)
Albert Anspacher ist im Viehhandel tätig. Er und sein minderjähriger Sohn Kurt (geb. 1924) werden 1938 in der Pogromnacht wie die anderen männlichen Juden aus Achim nach Bremen verschleppt. Während Kurt am nächsten Tag nach Hause kommt, muss Albert noch für einige Zeit in das Konzentrationslager Sachsenhausen. Kurt besucht die Achimer Volksschule und die Mittelschule, bis ihm 1938 der Schulbesuch verboten wird.
Die Familie wird 1941 nach Minsk deportiert. Während Emma und Albert ermordet werden, muss Kurt noch zehnKonzentrationslager erdulden, bis er 1945 krank aus dem KZ Dachau entlassen wird. Er wandert nach Amerika aus, ändert dort seinen Namen in Curt Parker und stirbt 2012 in den USA.
Margarethe(1906–1942) und Paul Anspacher (1895–1942)
Paul ist ein Bruder von Albert und Carl Anspacher und arbeitet mit ihnen zusammen im Viehhandel bis zum Berufsverbot im Jahre 1938. Er wird 1934 in Achim verhaftet, weil er die arische Abstammung eines Nationalsozialisten angezweifelt hatte, wurde wegen seiner Teilnahme am Ersten Weltkrieg aber „nur“ zu einem Monat Gefängnis verurteilt.
Margarethe und Paul Alexander werden im Ghetto Minsk ermordet.
Lilli (1897-1942) und Carl Anspacher (1891-1942)
Carl Anspacher übernimmt von seinem Schwiegervater Adolf Pels den Pferdehandel und ist der letzte Synagogenvorsteher in Achim. Carl und Lilli haben zwei Kinder: Günter und Liesel.Liesel (1924-1942) geht in Achim zur Schule und besucht bis 1938 die Mittelschule. Ab diesem Zeitpunkt ist es allen jüdischen Kindern verboten, weiter zur Schule zu gehen. 2016 wird die Achimer Hauptschule nach ihr benannt. Jetzt steht ein Gedenkstein mit ihrem Namen an der Integrierten Gesamtschule in Achim.
Günter (geb. 1922) wird ebenfalls ins Ghetto nach Minsk gebracht. Von dort soll er mit einer russischen Widerstandskämpferin geflüchtet sein. Genaue Infos über sein Schicksal sind nicht bekannt. Wegen seiner Flucht werden alle Anspachers am nächsten Tag ermordet; nur Kurt Anspacher überlebt.
Emma Baumgarten (1881–1942)
Ihre Familie ist im Braugewerbe tätig und wohnt in der Brauerstraße. 1937 verkauft Emma, die zu der Zeit allein in Achim lebt, das Haus an die Gemeinde Achim. Dort entsteht später das Gemeinschaftshaus der NSDAP in Achim.
Emma wird ins Ghetto Theresienstadt deportiert und dort ermordet.
Lina (1868-1942) und Louis Friedemann (1871-1942)
Lina und Louis kommen 1913 nach Achim. Vater und Sohn Ernst(1899-1942) sind Kaufmänner. Sie werden zusammen mit ihren Ehefrauen Lina und Ilse Löwenthal, geb. Friedemann (1904-1942) im Ghetto Minsk ermordet.
Lucie (1903–1942) und Erich Harf (1905–1942)
Die Familie ist von 1930 an in Achim angesiedelt. Sie haben zwei Söhne: Hans Günther (1931–1942) und Martin Samuel(1931 – 1942). Erich Harf arbeitet im Viehhandel.
Die Familie wird im Ghetto Minsk ermordet.
Mathilde (1882–1940) und Siegfried Heilbronn (1881-1948)
Die Familie Heilbronn siedelt sich 1879 in Achim an. Sie haben eine Schneiderei und ein Manufakturgeschäft. Siegfried Heilbronn wird während des Ersten Weltkrieges mit dem Eisernen Kreuz 1. Klasse ausgezeichnet. Das Ehepaar hat vier Kinder: Paula(*1911), Hans (*1913) und Kurt(*1914) und Rosi(*1918). 1933 wird auch dieses jüdische Geschäft von den Nationalsozialisten boykottiert.
Kurt Heilbronn wandert 1934 nach England aus. Ihm folgt der Bruder Hans 1937. Rosi heiratet 1938 in Bremen Willi Podell (*1912-?). Rosi und Paula flüchten mit ihren Ehemännern in die USA. Mathilde und Siegfried fliehen 1939 nach Manchester. Dort stirbt Mathilde. Siegfried setzt die Flucht nach Amerika fort, wo er 1948 stirbt.
Hermann Kaufmann (1874-?)
Hermann Kaufmann kommt 1925 nach Achim, weil er von der hiesigen Synagogengemeinde als Lehrer und Vorbeter angestellt wird. 1936 verbieten die Nationalsozialisten den Unterricht an der Marktschule.
1939 verlässt Kaufmann Achim und zieht nach Siegburg. Sein Schicksal ist unbekannt.
Adolf Pels (?)
Seine Familie zieht 1868 nach Achim. Sie betreibtdas Gewerbe der Fleischerei. Adolf übergibt sein Geschäft in den 30er Jahren an seinen Schwiegersohn CarlAnspacher und wandert nach Amerika aus.
Jenny (1888–1942) und Albert Seligmann (1869–1942)
Albert heiratet 1894 Jenny Alexander. Sie haben zwei Söhne: Hugo (1895-1915) und Wilhelm. Albert übernimmt die Schlachterei seines Schwiegervaters Jacob Alexander und ist 1913 bis 1932 Obermeister der Schlachterinnung des Kreises Achim. Er dient mit seinem Sohn Hugo als Soldat im Ersten Weltkrieg. Hugo stirb in diesem Krieg. Albert tritt der Deutschen Demokratischen Partei bei. Er wehrt sich mehrmals gegen die Schikanen der Nationalsozialisten.
Sein Sohn Wilhelm ist im örtlichen Fußballverein integriert. Er heiratet und bekommt mit seiner Frau Selmaeine Tochter: Johanna. Sie wird von anderen Kindern als „Judensau“beschimpft und mit Steinen beworfen. Daraufhin flüchtet die Familie 1938 in die USA.
Albert und Jenny Seligmann werden 1942 in das Ghetto Theresienstadt verschleppt und später im Vernichtungslager Treblinka ermordet.
Edith Bielefeld
Quellen:
Beermann, G. u. a.: Jüdisches Leben in Achim, Achim 1994
Voß, Andreas: Die jüdische Gemeinde in Achim, Achim 2004